Anna Hager im Nahen Osten

15.07.2016

Anna Hager, Doktorandin am Institut für Orientalistik war im Zuge eines 7-monatigen Forschungsaufenthaltes in Beirut, Kairo, Jerusalem und Amman.

  • Warum haben Sie sich für einen Auslandsaufenthalt entschlossen? Inwiefern war dieser wichtig für Ihre Forschung?

Da meine Dissertation unterschiedliche Länder umfasst, entschloss ich mich, das Marietta Blau-Stipendium für Aufenthalte in verschiedenen Städten des Nahen Ostens zu beantragen; in Beirut (drei Monate), Kairo (zwei Monate), Jerusalem (ein Monat) und Amman (ein Monat). Dadurch sollten inhaltliche und methodologische Ziele erreicht werden. Die Auseinandersetzung mit den christlichen Arabern kann nämlich dazu führen, sie lediglich als homogene und passive „Minderheit“ wahrzunehmen. Durch Recherchen an verschiedenen Institutionen wie z.B. die Université Saint-Joseph in Beirut, die dominikanischen und franziskanischen Institute in Kairo, die israelische Nationalbibliothek – um nur ein paar Institutionen zu erwähnen – konnte ich meine Primär- und Sekundärquellen ergänzen und vervollständigen. Diese umfassten jeweils arabisch-sprachige allgemeine und einschlägige Zeitungen (Kirchenzeitungen z.B.) sowie wissenschaftliche Publikationen. Zusätzlich wurden zahlreiche qualitative Interviews geführt mit u.a. Aktivisten, Bischöfe, Intellektuellen. Ebenso wertvoll war der Kontakt vor Ort mit den Wissenschaftlern, insbesondere an der Université Saint-Joseph. Insgesamt konnte ich mit diesem breiten Zugang zu Informationen und verschiedenen Informationsquellen die Komplexität der Thematik meiner Dissertation erfassen und somit die Qualität meiner Dissertation signifikant steigern.

  • Was ist besonders in Erinnerung geblieben? Was war besonders überraschend und aufregend?

Ich war überrascht, wie sehr sich sozusagen schlagartig die Perspektiven ändern, zwischen Europa und dem Nahen Osten, sowie zwischen den einzelnen Ländern. In diesem Zusammenhang erfuhr ich von Seiten meiner Interviewpartner und auch von den Menschen vor Ort ein großes Bedürfnis, mir ihre Sicht der Lage der Christen und des christlich-muslimischen Verhältnisses wieder zu geben. Vor allem in Jordanien erfuhr ich großes Interesse an meiner Arbeit. Aus diesem Grund konnte ich auch Material sammeln, welches über den unmittelbaren Fokus meiner Dissertation hinausreicht, und Gegenstand weiterer wissenschaftliche Arbeiten sein wird. Im Allgemeinen blicke ich auf eine sehr spannende und bereichernde Zeit zurück und würde daher jedem Doktoranden bzw. jeder Doktorandin empfehlen, einen Auslandsaufenthalt zu absolvieren, wenn er/sie die Möglichkeit dazu hat. Ein solcher Aufenthalt stellt nicht nur einen wissenschaftlichen Mehrwert dar, sondern auch einen persönlichen. Ich habe z.B. an mir ungeahnte Eigenschaften entdeckt. Obwohl ich von Natur aus eher schüchtern bin, begann ich mit der Zeit, mit den Menschen in den Bussen, in der U-Bahn, am Markt, usw. zu plaudern und zu lachen.

  • Haben Sie Tipps für andere betreffend der Planung und Durchführung eines Forschungsaufenthaltes im Ausland?

Ein solcher Aufenthalt erfordert ein großes Ausmaß an Organisation im Vorfeld (Flüge, Unterkunft, Visum, Arbeitsplatz, usw.) Gleichzeitig ist natürlich auch eine gewisse Flexibilität gefragt. Diese ist gefragt im Falle von nicht vorhandenen Quellen an den vermuteten Einrichtungen, Stromausfällen und sonstigen technischen Herausforderungen. Deshalb sollte genug Zeit für jeden Arbeitsschritt eingeplant werden.

  • Anna Hager forscht in ihrer Disseration zu christlich-muslimischen Beziehungen im Kontext des islamkritischen Videos „die Unschuld der Muslime“ in Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon und in den Palästinensischen Gebieten. Ihr Auslandaufenthalt wurde durch das Marietta Blau Stipendium finanziell unterstützt.

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