Elisabeth Huber in Mali und Burkina Faso

15.07.2016

Die Kultur- und Sozialanthropologin Elisabeth Huber forschte für ihre Dissertation 6 Monate in Bamako (Mali) und 6 Monate in Ouagadougou (Burkina Faso).

  • Warum haben Sie sich für einen Auslandsaufenthalt in Mali und Burkina Faso entschlossen? Inwiefern war dieser für Ihre Forschung wichtig?

Die Dissertation knüpft an die Forschung zu Umwelt und Urbanität in Westafrika von Univ.-Doz. Marie-France Chevron und ao. Univ.-Prof. Christoph Reinprecht an. In einem transdisziplinären Forschungsansatz wurden hier die Auswirkungen der rasanten Urbanisierung auf die Lebensbedingungen der Menschen und die städtische Umwelt untersucht. Die bestehenden Kontakte zu Forschern, Mitarbeitern der Kommunalverwaltung und Kleinunternehmen in der Abfallwirtschaft in Bamako erleichterten meinen Forschungseinstieg. Die afrikanische Sprache Bambara, die ich an der Universität Wien erlernt habe, war für meine Forschung sehr hilfreich. Die Doktorarbeit fokussiert auf die sozioökonomische Situation der ärmeren städtischen Haushalte und ihren Zugang zur Abfall- und Abwasserentsorgung. Umweltbewusstsein und die Wahrnehmung von Umweltverschmutzung werden vor dem Hintergrund der prekären Lebensverhältnisse analysiert. Die Aufenthalte in Mali und Burkina Faso erlaubten es mir, einen Problembereich, der von Behörden oft beschönigt und von internationalen Organisationen oft dramatisiert wird, wissenschaftlich zu erforschen.

  • Was ist Ihnen von Ihrer Zeit in Mali und Burkina Faso besonders in Erinnerung geblieben? Was war besonders überraschend/aufregend?

Beeindruckt haben mich die Strategien der Menschen, mit den wenigen finanziellen Mitteln ihren Alltag zu meistern. Im Gegensatz zum Dorf ist dies in der Stadt nicht einfach, denn die meisten Güter und Dienstleistungen sind kostenpflichtig. Imponiert hat mir dabei, dass die Menschen trotz schwieriger Lebensumstände ihren Humor nie verlieren. Das soziale Netzwerk (bestehend aus Familienmitgliedern, Freunden und Freundinnen), das im Falle von Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung weiterhilft, dürfte ein Grund dafür sein. Schockiert hat mich die sanitäre Ausstattung der Schulen in den Städten. Es ist keine Ausnahme, wenn es in einer Schule für 800 Schüler und Schülerinnen insgesamt 6 Toiletten gibt. Überrascht hat mich, wie wenig sich die Menschen von der Stadtverwaltung erwarten. Während meiner Forschungsaufenthalte habe ich gelernt, wie die Menschen in den afrikanischen Städten zur Überzeugung gelangen, dass sie ohne den Staat und die Stadtverwaltung leben können und dass es möglich ist, alle Bereiche des täglichen Lebens (Arbeit, Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnen, Abfall- und Abwasserentsorgung) selbst zu organisieren. Aufregend war für mich der Einfallsreichtum im Hinblick auf improvisierte technische Lösungen und maßgeschneiderte informelle Dienstleistungen.

  • Haben Sie Tipps für andere DoktorandInnen für die Planung und Durchführung eines Auslandsaufenthaltes?

Für Forschungsaufenthalte in afrikanischen Ländern kann ich es sehr empfehlen, eine vertrauenswürdige Gastfamilie zu suchen. Über die afrikanische Diaspora kann man sich bereits zu Hause über das gesellschaftliche und kulturelle Umfeld informieren und ein Netzwerk im Aufenthaltsland aufbauen. Ortskundige Vertrauenspersonen sind eine wertvolle Hilfe für Orientierung und Kontaktaufnahmen aber auch im Falle von Krankheiten. Als europäische Forscherin ist man privilegiert und hat meist leichten Zugang zu vielen Informationen. Allerdings dürfen die Eigeninteressen von Kooperationspartnern und -partnerinnen nicht unterschätzt werden. Die Dauer des Forschungsaufenthaltes sollte nicht zu kurz anberaumt werden, denn es ist mit ungeplanten Wartezeiten zu rechnen. Anregen würde ich zu mehreren Kontaktpersonen und einem breiten methodischen Forschungszugang. Personen in Entscheidungspositionen haben zwar oft wenig Zeit, können aber wertvolle Kontakte etablieren. Informelle Gespräche können sehr aufschlussreich sein.

  • Elisabeth Huber hat das Diplomstudium der Kultur- und Sozialanthropologie und der Soziologie absolviert. In ihrer Doktorarbeit befasst sie sich mit den Möglichkeiten und Ressourcen armer Bevölkerungsschichten in westafrikanischen Städten, umweltgerecht zu handeln. Die Auslandsaufenthalte von Oktober 2011 bis März 2012 und von September 2013 bis Februar 2014 wurden durch das Marietta Blau-Stipendium des OeAD finanziert. Ein Forschungsaufenthalt in Paris im November 2012 zum Zwecke der Literaturrecherche wurde über das KWA-Stipendium der Universität Wien finanziert.

Elisabeth Huber mit Mitgliedern des Vereins AJSFB in Ouagadougou

Kinder im Stadtviertel Banconi in Bamako (Fotos: Elisabeth Huber)