Stimmen der Kulturwissenschaften - ein Projekt von Daniel Meßner

15.07.2016

Der Historiker Daniel Meßner berichtet über sein Projekt "Stimmen der Kulturwissenschaften", eine Interviewreihe, bei der KulturwissenschafterInnen über Ihre Arbeit sprechen

Für junge ForscherInnen ist es häufig schwierig, öffentliche Aufmerksamkeit für ihre spannenden Projekte zu generieren. Nur selten werden ihre Ergebnisse auch außerhalb des Wissenschaftsraums wahrgenommen. Um kulturwissenschaftliche Themen auch anderen Zielgruppen näher zu bringen, startete Daniel Meßner das Projekt „Stimmen der Kulturwissenschaften“,  eine Podcast-Interviewreihe, bei der KulturwissenschaftlerInnen über ihre Arbeiten sprechen und damit Einblicke in wissenschaftliche Werkstätten bieten.

Seit 2010 führte der Historiker über 60 Interviews mit WissenschafterInnen aus den Geistes- und Kulturwissenschaften, zuletzt mit dem Medienwissenschafter Ramón Reichert über dessen Buch "Die Macht der Vielen. Über den neuen Kult der digitalen Vernetzung”.

In einem Gespräch berichtet er über die Entstehung des Interviewprojekts und erzählt, warum Podcasting ein ideales Tool ist, um die eigenen Forschungsergebnisse vorzustellen und sich auch außerhalb der Wissenschafts-Community Gehör zu verschaffen.

  • Was steckt hinter dem Titel „Stimmen der Kulturwissenschaften“?

„Stimmen der Kulturwissenschaften“ ist eine Interviewreihe, bei der ich Gespräche mit ForscherInnen über ihre Projekte führe. Die Interviews dauern meistens zwischen 30 und 60 Minuten, in den die ForscherInnen die Möglichkeit haben sollen, ihre Projekte ausführlich vorzustellen. Die Idee dazu habe ich gemeinsam mit dem Historiker Martin Gasteiner im Laufe des Jahres 2010 entwickelt. Wir sind schließlich im Oktober 2010 gestartet und seither habe ich kontinuierlich in etwa alle 14 Tage ein Interview veröffentlicht.

  • Was ist Ihre Motivation für das Projekt?

Podcasts bieten die Chance auf einen Einblick in die akademischen Werkstätten, den es in der Form in klassischen Medienformaten nicht gibt. Teil jeden Gesprächs ist deshalb auch die Frage nach der Motivation und dem Erkenntnisinteresse. Studierende bekommen auf diese Weise zum Beispiel einen Vorgeschmack darauf, was es heißt, zu forschen und eine Doktorarbeit zu schreiben. Für die Interviewten ist es außerdem eine Medienschulung und ein Interviewtraining, weil sie sich unter kontrollierten Bedingungen ausprobieren können.

  • Wie kommen Sie zu Ihren InterviewpartnerInnen?

Das ist sehr unterschiedlich. Viele InterviewpartnerInnen habe ich angefragt, nachdem ich wegen eines Vortrags oder einer Veröffentlichung auf sie aufmerksam geworden bin, einige kenne ich aus meinem Umfeld. Häufig nutze ich das Projekt aber auch, um mit Personen ins Gespräch zu kommen. Und die meisten freuen sich über meine Anfrage.

  • Welche Einblicke konnten Sie denn durch die Gespräche gewinnen?

Abgesehen davon, dass ich viele interessante Menschen getroffen habe, nach inzwischen mehr als 60 Interviews, habe ich durch das Projekt viel über Technik und Medien gelernt. Denn die Aufnahme und Veröffentlichung von Podcasts erfordert Wissen, das ich mir erst im Laufe der Zeit angeeignet habe. Ich bin daher ständig am Lernen und Verbessern. Zu Beginn wusste ich zum Beispiel nichts über Mikrofone, Aufnahmesoftware oder Moderationstechniken.

  • Mittlerweile haben Sie über 60 Interviews zu unterschiedlichen Themen der Kulturwissenschaften geführt. Nicht alle fallen in Ihr Spezialgebiet. Wie bereiten Sie sich auf die einzelnen Interviews vor?

Ich versuche, mir im Vorfeld einen Überblick über das jeweilige Projekt zu verschaffen. Gleichzeitig vermeide ich es aber, mich richtig einzulesen, denn die Interviews sollen einen niederschwelligen Einstieg in die Themen bieten. Im Idealfall stelle ich dann die Nachfragen, die ZuhörerInnen stellen würden, die nicht mit dem Thema vertraut sind. Außerdem haben sich einige Standardfragen etabliert, die ich im Laufe der Interviews fast immer stelle. Dazu gehört beispielsweise die Frage nach dem Erkenntnisinteresse, eine Frage nach den methodischen Zugängen sowie nach den Ergebnissen.

  • Wie können die Gespräche angehört werden?

Die „Stimmen der Kulturwissenschaften“ sind ein Podcast. Das sind digitale Radiosendungen, die mit speziellen Programmen, sog. Podcatcher, kostenlos abonniert und heruntergeladen werden können. Dafür bieten unter anderem Mobiltelefone mittlerweile zahlreiche Apps. Natürlich gibt es aber auch die Möglichkeit, Sendungen direkt auf der Website http://stimmen.univie.ac.at  anzuhören.

  • Warum haben Sie sich für Audiointerviews entschieden?

Ich denke, die Stärke von Podcasts liegt in der Kommunikation über Wissen in Form von Dialogen. Das wäre zwar auch schriftlich möglich, aber bei den Audiobeiträgen wird über die Stimme gleichzeitig ein persönlicher Bezug zu den Zuhörenden hergestellt. Dadurch wird ein Diskussionsraum geschaffen, der neue Formen von Wissensaustausch ermöglicht.

  • Daniel Meßner ist Doktorand am Institut für Geschichte an der Universität Wien. Von 2010 bis 2013 arbeitete er in einem DOC-team-Projekt zur Geschichte von biometrischen Identifizierungstechniken. Seit Oktober 2013 ist er Junior-Fellow am IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften an der Kunstuniversität Linz.


Das Bild für das Logo der Stimmen der Kulturwissenschaft stammt aus den Archiven der Australian Broadcasting Corporation (ABC Archives). Es zeigt radiohörende Kindergartenkinder in den 1940er Jahren.