- Warum haben Sie sich für einen Auslandsaufenthalt in Zürich entschlossen? Inwiefern war dieser für Ihre Forschung wichtig?
Die James Joyce Stiftung in Zürich beherbergt die gesamte existierende, teilweise nicht mehr verfügbare Sekundärliteratur zu James Joyce (inklusive Archivmaterial, Zeitungsberichten, Marginalien etc.) und bietet außerdem die tolle Möglichkeit, an wöchentlichen Lesegruppen zu Joyces Werken teilzunehmen, die von Fritz Senn, einer Koryphäe im Bereich der Joyce Studies, geleitet werden. Ein Kapitel meiner Dissertation beschäftigt sich gerade mit Joyces Ulysses und Finnegans Wake – insofern waren die zwei Monate, die ich als visiting scholar dort verbringen durfte, sehr förderlich für den Fortgang meiner Arbeit.
- Was ist Ihnen von Ihrer Zeit in Zürich besonders in Erinnerung geblieben? Was war besonders überraschend/aufregend?
Abgesehen von der Fülle an fachlichen Informationen, die ich im Zuge des Aufenthalts sammeln konnte, fand ich Fritz Senns profundes Wissen zu Joyce (aber auch ferner) besonders beeindruckend. Dieses hat er immer wieder ungezwungen z.B. beim täglichen gemeinsamen Mittagessen in der Stiftung oder bei Spaziergängen zu Joyces Grab am Friedhof Fluntern und Wohnhaus quasi nebenbei von sich gegeben. Er ermutigte mich auch immer wieder, Texte aus anderen Blickwinkeln zu betrachten und die Neugier wiederzufinden, die einem oft bei der täglichen Arbeit mit ein- und demselben Material abhandenkommt. Besonders aufregend fand ich außerdem das Gefühl, in einer Stadt zu sein, in der Joyce die letzten Jahre seines Lebens verbracht und einen Teil von Ulysses geschrieben hat.
- Haben Sie Tipps für andere DoktorandInnen für die Planung und Durchführung eines Auslandsaufenthaltes?
Es ist sehr wichtig, sich rechtzeitig vor Reisebeginn einen Überblick darüber zu verschaffen, welches Material man vor Ort vorfinden wird. Die Stiftung hat z.B. noch keinen Onlinekatalog, aber ich habe mich vorab mit Mitarbeiterinnen der Stiftung in Verbindung gesetzt und gezielt nach bestimmtem Material gefragt, um mir die Zeit vor Ort besser einteilen zu können (z.B. „Wie viele Bücher/Aufsätze gibt es zum Thema X?“, „Gibt es das Buch XYZ in der Bibliothek?“, „Kann ich auch am Wochenende die Bibliothek benützen?“). Wenn solche Informationen nicht verfügbar sind (z.B. bei Archiven ohne elektronischen Katalog), lohnt es sich oft, KollegInnen zu kontaktieren, die selbst eine Forschungsreise dorthin unternommen haben.
- Tamara Radak studierte Anglistik und Amerikanistik (Abschluss 2011) und Deutsche Philologie (Abschluss 2012) an der Universität Wien und widmet sich in ihrer Dissertation dem Forschungsthema Romanabschlüsse und Enden in der Literatur der Moderne und frühen Postmoderne (James Joyce, Virginia Woolf, Flann O’Brien). Ihr Projekt ist über das uni:docs Förderprogramm der Universität Wien finanziert.