Uni:docs Fellow Tobias Riedl stellt sich vor

19.11.2018

Tobias Riedl ist Doktorand am Institut für Klassische Philologie, Mittel- und Neulatein und seit Oktober uni:docs Fellow an der Universität Wien. In einem Interview stellt sich Tobias Riedl vor.

  • Sie forschen zum Thema  Argument und Dichtung: Dichterzitate bei Chrysipp von Soloi. Beschreiben Sie Ihr Forschungsprojekt in drei Sätzen.

Ich beschäftige mich mit dem antiken stoischen Philosophen Chrysipp von Soloi (3. Jh. v. Chr.) und untersuche Zitate aus der griechischen Dichtung, mit denen Chrysipp seine wissenschaftlichen und philosophischen Thesen untermauern will. Meine wichtigsten Forschungsfragen sind: Wie argumentiert Chrysipp mit der griechischen Dichtung, wie verwendet er welche Autoren, und was fehlt seinen Argumenten, wenn man die Dichterzitate weglässt?

  • Was fasziniert Sie an Ihrem Thema?

Die Texte und Textfragmente, die ich untersuche, sind zum Teil mehr als 2000 Jahre alt, trotzdem stößt man immer wieder auf Neues, weil man ein oder zwei Wörter ein wenig anders versteht oder eine neue Verbindung zwischen zwei Textstellen herstellen kann. Die Diskussion über diese Texte ist deshalb auch nie einfach abgeschlossen, was immer wieder erstaunlich ist. Es stellt sich nicht die Frage: Warum soll ich das überhaupt lesen, das ist doch alt, denn wer über alte Texte nachdenkt, spricht und schreibt, findet Neues und hält die Texte gleichzeitig am Leben. Weil ich mich außerdem nicht auf eine einzige These Chrysipps konzentriere, sondern Argumentationstechniken untersuche, die verschiedene Thesen gemeinsam haben, ist mein Thema sehr vielseitig: Einmal geht es um die Stellung von Planeten im Kosmos, dann wieder um die menschliche Seele oder den Umgang mit Emotionen wie Zorn und Trauer. Das macht die Arbeit thematisch sehr abwechslungsreich.

  • Was sind Ihrer Meinung nach die 3 wichtigsten Eigenschaften eines Forschers/einer Forscherin?

Am neuesten Stand zu bleiben, was die technischen Möglichkeiten betrifft, ist sicherlich wichtig für jedes Forschungsvorhaben. Auch in der Klassischen Philologie ändern sich die technischen Mittel, vieles verlagert sich ins Internet, man kann hunderte Jahre alte Handschriften mit zwei Mausklicks auf hochaufgelösten Fotos ansehen oder zehntausende Seiten von antiken Texten in elektronischen Datenbanken finden. Das ermöglicht z.B. Forschungsansätze, die vor 20 Jahren vielleicht nicht undurchführbar, aber sicherlich mit viel mehr Aufwand verbunden waren. Ein Forscher braucht außerdem die Ausdauer, sich über lange Zeit, vielleicht Monate, vielleicht Jahre, mit einer Sache zu beschäftigen und muss sich mündlich und schriftlich gegenüber Fachkollegen, aber auch fachfremden Menschen verständlich ausdrücken können. Das sind zwar Eigenschaften, die in vielen Berufsfeldern wichtig, aber, wie ich finde, für einen Forscher besonders wichtig sind.

  • Zur Person:

Nach der Matura am Piaristengymnasium Krems im humanistischen Zweig und der Ableistung meines Zivildienstes (2011) studierte ich Klassische Philologie, d.h. Latein und Altgriechisch (B.A., B.Ed., M.A.), an der Universität Wien und war nach dem Studium beruflich im Bildungsbereich tätig. Mit 01.10.2018 trat ich die Uni:Docs-Praedocstelle an der Universität Wien an.